Hinterhandwinkelung Deutscher Schäferhund
Mitteilung der Nationalen Zuchwartin (NBW) des United Schutzhundclubs of America (USCA)
Mit freundlicher Genehmigung von Heidi Theis – Nationale Zuchtwartin
Dies ist ein schwieriges Thema, aber als NBW (Nationaler Zuchtwart) unserer großartigen Rasse, sehe ich es als meine Pflicht an, dieses Thema anzusprechen.
Ich möchte Sie auf die immer häufiger vorkommenden, ungesunden und extremen Hinterhandwinkelungen und extrem kurzen /steilen Oberarmen/Schultern des Deutschen Schäferhundes aufmerksam machen. Es ist eine gefährliche Entwicklung, die wir kaum noch aufzuhalten wissen. Wir haben viel zu viele Schäferhunde mit inkorrekten Fronten und zu stark gewinkelter Hinterhand gezüchtet. Er ist ein Gebrauchshund und wir müssen ihn als solchen erhalten, indem wir den Rassestandard einhalten, wie es vom Gründer der Zucht, Max von Stephanitz beabsichtigt war.
Diskussionen mit erfahrenen Züchtern sowie Auswertung von Videos und Fotos der Fußarbeit und Gangwerksproben und der Erfahrungsaustausch mit den USCA-. Körmeistern, Karen MacIntyre und Richard Shook, haben mich dazu bewogen, eine weitere Warnung an alle Züchter zu richten.
Die genetischen Probleme, die sowohl bei Hochzucht- als auch bei Leistungslinien vorkommen unterscheiden sich lediglich geringfügig. Wir sehen ein sehr ausgeprägtes Ungleichgewicht bei der Leistungslinie aufgrund der übermäßigen Hinterhandwinkelungen in Verbindung mit der für die Bewegung ausschlaggebenden Längen- und Winkelung Verhältnisse der Vorderhand. Wir erkennen in zunehmendem Maße sehr kurze und steile Oberarme bei der Leistungslinie in Kombination mit einer übermäßigen Hinterhand. Bei der Leistungslinie ist dieser völlig veränderte Standard nicht normal und falsch. Leider ist dies inzwischen weit verbreitet, weil es den Hunden ermöglicht, mit unnatürlicher Kopfhaltung, stechschrittartigem Gang, schnellem Absitzen und blitzartigen Wendungen in der Unterordnung zu arbeiten. Hunde mit den vorgenannten Merkmalen werden ebenfalls gezüchtet, wohingegen Hunde aus normaler bzw. korrekter Zucht aus den Programmen genommen werden. Die Hochzucht behält zumeist die korrekten vorderen Winkelungen bei, da dies für einen korrekten Trab bei der Gangwerksprobe erforderlich ist, während die hinteren Winkelungen immer übertriebener und instabiler werden. In beiden Linien werden die normalen, kräftigen und gesünderen Nachkommen in den Zuchtprogrammen nicht mehr berücksichtigt und sollten aber häufiger. zum Einsatz kommen.
Bereits vor fast 2 Jahren erhielt ich die Erlaubnis, einen Artikel in unserem Magazin als eindringliche Warnung vor ungesunder Hinterhand erneut zu veröffentlichen. Dennoch wird weiter überwinkelt gezüchtet.
Ich möchte alle Züchter nochmals auf diesen Artikel hinweisen, in welchem veranschaulicht beschrieben wird, was "normal" oder zu stark gewinkelt ist, damit jeder Züchter die Chance hat, an der Lösung dieses genetischen Problems mitzuwirken und dies in der Zucht zu berücksichtigen, bevor es zu spät ist. Den Artikel zum Thema Hinterhand finden Sie in unserem Magazinarchiv:
https://www.germanshepherddog.com/wp-content/uploads/2019/03/SchH-USA-March-April-2019-web.pdf (Seiten 33-64)
Wenn wir die Überwinkelung der Hinterhand weiterhin ignorieren, werden wir die starke, normale, gesunde Hinterhand im Laufe der Zeit für immer verlieren. Züchter müssen jetzt handeln und bei der Zucht nach starker, gesunder, genetischer Hinterhand und normaler Vorderhandwinkelung selektieren – und nicht nach langer und überwinkelter Hinterhand. Züchter müssen auch auf extreme Fronten achten und eine Verbreitung vermeiden. An einem gewissen Punkt führen diese grenzwertigen und zu ausgeprägten Winkelungen zu einer instabilen und zu steilen bzw. zu kurzen Hinterhand. Diese Grenzlinie ist der Beginn einer starken Schwächung des Rückens und der Hinterhand würde damit dem eigentlich erwünschten Erscheinungsbild unserer Rasse nicht mehr entsprechen.
Die Probleme, die wir Zucht- und Leistungsrichter sehen, bestehen darin, dass durch die zu starke Hinterhand Winkelung nicht nur fehlerhafte Fronten und/oder unausgeglichene Strukturen entstehen. Es kommt auch zu sich kreuzenden Sprunggelenken während normaler Geh- und Drehbewegungen. Des Weiteren führt dies zu wackligen und instabilen Sprunggelenken während der Fuß-Übungen, geringerem Tempo im Zuge der Unterordnung und während der Schutzdienst Prüfungsphasen mit dem Ergebnis, dass die Hunde Schwierigkeiten haben, die Nachverfolgungsphase im Rahmen einer IGP3 Prüfung zu bestehen. Das führt dazu, dass Hunde im Ring mit ihrem gesamten Sprunggelenk auftreten anstatt mit der Pfote, auf der das Tier eigentlich laufen sollte. Im Ergebnis wird im Schauring nicht korrekt getrabt und die Hunde sind nicht mehr in der Lage, die Sprungübungen in der Leichtigkeit auszuführen, wie es unsere Richtlinien vorgesehen. Als weitere Folgen wären die Hunde aufgrund der fehlenden Kraft in den hinteren Gelenken nicht mehr in der Lage, einen normalen Arbeitstag als Herdenhütehund zu bestehen und könnten damit ihrer originären Aufgabenstellung nicht mehr nachkommen. Wir erleben zunehmend überzeichnete und fehlerhafte Fronten und Rückseiten. Wenn unsere Welpen schon nicht mehr richtig laufen können, dann sehen wir uns einem großen Problem gegenüber.
Ich mache mir inzwischen ernsthafte Sorgen um die zukünftige Gesundheit unserer geliebten Rasse und auch um die öffentliche Wahrnehmung dieser Art von Überwinkelung. In der breiten Öffentlichkeit wird die „schräg abfallenden Form“ (wie umgangssprachlich bezeichnet) sehr kritisch wahrgenommen und nicht wenige Menschen sind unter dem Eindruck befindlich, dass die Tiere infolgedessen schmerzleidend seien. Stellen Sie sich einmal die Reaktion der breiten Öffentlichkeit angesichts eines Welpen vor, dessen Sprunggelenke sich überkreuzen und stecken bleiben.
Das Tier würde verkrüppelt und ungesund wirken – auf den Betrachter hätte das sicherlich eine verstörende Wirkung.
Bitte denken Sie ernsthaft darüber nach, was die vorderen und hinteren Winkelungen in Ihren Zuchtprogrammen bewirken. Natürlich wissen wir alle, dass diese Probleme auftreten können und das dies auch tatsächlich geschieht, denn die Ergebnisse in der Zucht sind nicht immer exakt. Ich möchte nur jeden bitten, sich zu bemühen, diese Probleme durch hochselektive Zuchtpraktiken auf ein Minimum zu reduzieren.
Mit den besten Grüßen
Heidi Theis
USCA Nationale Zuchtwartin